Strahlende Sieger werden bewundert, scheinbar mit Leichtigkeit gehen sie von einem Sieg zum Nächsten. Doch wieviel Training und Aufwand, wieviele Fehlversuche und Zweifel vor dem Erfolg stehen, sieht keiner. Entscheidungen umsetzen: Was braucht es, um den Weg bis zum Ziel zu gehen?
Oh, das ist aber schwierig …
„Schatz, ich würde so gerne Spanisch lernen. Stell Dir vor, wir fahren nach Barcelona und können uns dort ganz normal mit den Spaniern in den Cafès unterhalten. Wir tauchen in das pulsierende Leben der Stadt ein und genießen die Lebensfreude. Morgens beim Frühstück schon mit den Kellnern quatschen und in den Geschäften nie wieder Zeichensprache und peinliche Pantomime“. – Gesagt getan, VHS Kurs ausgewählt, angemeldet und nach der 5. Stunde nicht mehr hingegangen … Ähnliches kommt auch in Projekten vor. Große Veränderungsbedarfe und Transformationspläne – wenn dann die Umsetzung ansteht und etwas Gravierendes geändert werden soll, gibt man sich plötzlich mit Schmalspurlösungen zufrieden oder verliert die Idee vollends.
Dieses Phänomen kommt tatsächlich in allen Lebensbereichen und Kulturen vor. Es scheint menschlich zu sein. Und trotzdem gibt es ja ähnlich viele Geschichten, in denen jemand einen Entschluss fasst und diesen bis zum Ende durchzieht: Reinhold Messner, Thomas Edison, Arnold Schwarzenegger, Steffi Graf oder Edmund Hillary, um nur ein paar prominente Beispiele zu nennen. Wie also kommen wir zu Entscheidungen und was macht den Unterschied aus, um auch wirklich den Weg zu gehen?
Entscheidungen treffen und umsetzen
In der Motivations-Psychologie gibt es dazu Erklärungsansätze. Beispielsweise das Rubikon-Modell der Handlungsphasen von Heinz Heckhausen und Peter M. Gollwitzer, mit dem einzelne Handlungsschritte in vier formelle Phasen eingeteilt werden:
- die des Abwägens von Handlungsmöglichkeiten einschließlich der Wahl einer davon und der entscheidenden Festlegung auf sie;
- die des Planens der Umsetzung der getroffenen Entscheidung „in die Tat“;
- die der realen Durchführung der Entscheidung in konkretem Handeln;
- die des abschließenden Bewertens dieses Handelns, wobei ein wertendes Beurteilen dieses Handelns, insbesondere des jeweiligen Handlungserfolgs und ggf. weiterer Handlungsfolgen, zur Handlungskontrolle in der Regel schon bei jedem bewussten Handeln selbst erfolgt, insbesondere bei jedem komplexeren und in voneinander abhängende Planungsschritte eingeteilten Handeln.
Diese vier Phasen werden bei allen Entscheidungen mehr oder weniger bewusst durchlaufen. Interessant dabei ist die Fragestellung, was bringt uns eigentlich dazu, einen Entschluss zu fassen und was braucht es, diesen auch wirklich umzusetzen?
Motivation: der Wunsch zur Veränderung
Als Motivation (lat. „sich bewegen“) wird das Bestreben zu einem bestimmten Handeln definiert. Frei übersetzt könnte man dies auch als Willensbildung bezeichnen. Motivation ist die treibende Kraft in den ersten beiden Phasen des Rubikon-Modells. Wie also entsteht diese?
Am Anfang steht die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation und daraus geboren der Wunsch etwas Neues, anderes zu tun. Die Neugierde ist erwacht und das Suchen beginnt. Zunächst ungerichtet und offen für Ideen und Eindrücke. Sobald etwas individuell Ansprechendes gefunden ist, erwacht das Interesse für diese Option. Bereits hier beginnt die Fokussierung auf ein Themengebiet, eine Lösung. Nach einigen Versuchen bzw. der gedanklichen Beschäftigung mit dem Thema reift der Wunsch zur Veränderung. Die Sehnsucht, diesen neuen (besseren) Zustand zu erreichen. Überwiegt der Wunsch zur Veränderung die bestehenden Ängste und Zweifel, wird der Rubikon überschritten und das Handeln beginnt. Ab hier wird die Motivation durch die Volition ergänzt.
Volition: Die Willenskraft, den Weg auch zu gehen
Die Volition erklärt, warum manche Menschen trotz hoher Motivation und Qualifikation kaum Erfolge erzielen, während es anderen gelingt, scheinbar mühelos innere und äußere Widerstände zu überwinden: Volition ist die Fähigkeit, Vorstellungen (Absichten, Motive oder Ziele) in gezielte Handlungen umzusetzen, die zu Resultaten führen. Man bezeichnet die Volition auch als Umsetzungskompetenz oder Willenskraft.
George Bernard Shaw sagte dazu: Was nutzen Bildung, Wissen, Intelligenz und edle Motive, wenn man sie nicht in die Tat umsetzt? […] Daher gibt es so viele verkannte Genies, erfolglose Talente und gebildete Versager.
Hindernisse überwinden, Persönlichkeit entwickeln
Am Ende sieht man nur den strahlenden Sieger. Die vielen Stunden, Tage und Jahre des Lernens und des Trainierens sieht man ebenso wenig wie die unzähligen Fehlversuche und Rückschläge. Niemand erreicht ambitionierte Ziele, ohne Hindernisse zu überwinden. Beispiele für solche Hindernisse sind Unlustgefühle, Angst vor dem Scheitern, unpassende Gewohnheiten, fehlendes Know-How, mangelnde Fertigkeiten, fehlende mentale Energie, ungünstige Rahmenbedingungen oder Konflikte. Die Folge ist Prokrastination oder einfacher ausgedrückt: „Aufschieberitis“.
Welche Charaktereigenschaften besitzen Menschen, denen es „scheinbar mühelos“ gelingt, Hindernisse zu überwinden und Ziele zu erreichen? Was braucht es, um die notwendige Willenskraft zu entwickeln? Auch hierzu gibt es unzählige Studien und Modelle. Die folgenden fünf Charaktereigenschaften werden immer wieder genannt:
- Fokussierung
Das ist die Fähigkeit, sich auf ein einziges Ziel, auf eine einzige Aufgabe zu konzentrieren und alles andere auszublenden. - Mut und Leidenschaft
Der brennende Wunsch, ein Ziel zu erreichen und dafür auch Dinge zu tun, die heute unmöglich erscheinen. Mut bedeutet, etwas trotz Ängsten und Zweifel zu tun. - Selbstbewusstsein
Sich seiner selbst bewusst zu sein. Bewusst seine Gefühle zu erleben, zu merken, wann Ängste aufkommen, woran ich Freude entwickele. Eigene Stärken, Schwächen und Grenzen kennen und gezielt zu überschreiten, um zu wachsen, sich weiter zu entwickeln. - Selbstvertrauen / Glaube / Hoffnung
Eine auf Erfahrung beruhende Sicherheit, Hindernisse überwinden zu können. Je bewusster, reflektierter das Handeln ist desto höher ist das Vertrauen in sich selbst, an Herausforderungen wachsen zu können und Ziele zu erreichen. Dabei ist der positive, angstfreie Umgang mit Fehlern ein entscheidender Faktor. Wenn etwas nicht beim ersten Mal klappt, ist das nicht schlimm. Die gemachte Erfahrung zeigt auf, wo wir was verbessern müssen, damit es klappt. - Selbstdisziplin / Sturheit / Integrität
Ist die Eigenschaft, etwas zu tun, auch wenn man mal gerade keine Lust hat. Den inneren Schweinehund überwinden und Sonntag morgen, wenn die Familie noch schläft, in den kalten Regen zu gehen und zu laufen. Warum? Weil es im Trainingsplan steht und notwendig ist, um den Marathon laufen zu können.
Was aber, wenn ich diese Eigenschaften nicht oder nur teilweise besitze? Hier die gute Nachricht: Diese Eigenschaften kann man entwickeln, trainieren und fast unbegrenzt steigern. Seine Persönlichkeit kann man alleine entwickeln oder aber mit Hilfe eines Coaches. Lesen/hören und verstehen ist unumgänglich, reicht aber bei weitem nicht aus. Entwicklung funktioniert nur durch das eigene Tun/Erleben. Dabei ist es wichtig, schrittweise vorzugehen. Positive Erfahrungen und Erfolgserlebnisse sind hier ein Schlüssel zum Erfolg.
Meine Schule: Taekwon-Do
Hier eine Geschichte aus eigener Erfahrung. Im Alter von 10 Jahren habe ich mit dem Kampfsport begonnen. Ich hatte Angst und wollte nicht mehr wegrennen. Also stand der Entschluss fest: Ich will kämpfen können.
Ein paar Jahre lang habe ich Judo gemacht. Mehr oder weniger erfolgreich. Habe dann verschiedene andere Kampfsportarten probiert, bis ich zum Taekwon-Do gekommen bin. Hier habe ich dann Blut geleckt. Ich hatte das Glück, einen Trainer zu erwischen, der sehr gut erklären konnte. Relativ schnell habe ich die Techniken gelernt und durch ständige Wiederholung verinnerlicht. Kraft und Ausdauer wurden schnell besser und ich entwickelte Spaß an dem Training, was ich bis dahin nicht kannte. Nach einigen Monaten stand die erste Prüfung an. Okay, was hat Prüfung mit Kämpfen zu tun? Und überhaupt Prüfung – oh je, wie in der Schule.
Der Tag der Prüfung war da, mir war schlecht und ich war nervös, bis kurz vor der Panik. Doch wenn ich weiter kommen wollte, musste ich da durch, Kneifen ging nicht! Also rein in den Dojo und durch. Am Ende des Tages hatte ich die beste Prüfung von allen Teilnehmern abgelegt und habe nicht nur meinen gelben Gürtel bekommen, sondern sogar einen übersprungen. Das Eis war gebrochen und mein Weg klar.
Es folgten noch viel mehr Techniken, weitere Prüfungen und unzählige Herausforderungen: der erste Bruchtest, der erste sportliche Kampf, das erste Turnier, die erste eigene Trainingsstunde. Da hatte sich jedoch meine Zielsetzung bereits verändert. Ich wollte nicht mehr kämpfen können, weil ich Angst hatte. Ich war Kampfsportler und wollte Dan-Träger werden. Der schwarze Gürtel war egal. Ich wollte ein Meister sein. Die Leidenschaft an dem Sport weiter geben, Schülern helfen, sich zu entwickeln, um ihren Weg zu finden. Und das Beste daran: Seit ich Taekwon-Do mache, musste ich nie wieder kämpfen oder weglaufen.
Am Ende der sportlichen Karriere habe ich den 4. Dan erreicht und bin „Großmeister“. Ich habe hunderte von eigenen Schülern ausgebildet und einige ebenfalls zu ihrer Meisterschaft begleitet. Meine Persönlichkeit hat sich auf dem Weg entwickelt. Selbstvertrauen, Körperhaltung, Auftreten und Ausstrahlung haben sich verändert. Eigenschaften, die sich auch auf andere Lebensbereiche auswirken. Mittlerweile bin ich Dr.-Ing., Lehrbeauftragter an Universitäten, Projektleiter und Führungskraft. Ich halte Vorträge in englischer Sprache vor TOP-Managern und das, obwohl ich als Kind wegen schlechter Noten (ungenügend) in Englisch das Gymnasium verlassen und auf eine Hauptschule gehen musste. Ohne das Taekwon-Do und die dadurch vollzogene Entwicklung wäre mein Lebensweg anders verlaufen. Danke allen, die mich auf dem Weg begleitet, unterstützt und auch herausgefordert haben. Ohne Euch hätte ich das nie geschafft.
Resümee
Um Veränderungen zum Erfolg zu führen, muss man sich selber und seine Fähigkeiten entwickeln und persönlich über sich hinaus wachsen. Dazu sind 5 Charaktereigenschaften nötig:
- Fokussierung
- Mut und Leidenschaft
- Selbstbewusstsein
- Selbstvertrauen
- Selbstdisziplin
Veränderung ist kein Job, den man abspult. Veränderung muss angenommen und gelebt werden. Zu 100% mit Leidenschaft und Willenskraft. Was dazu nötig ist kann man lernen. Lesen und verstehen allein reicht nicht, man muss es tun.
Ausblick
Es gibt sechs Methoden, die dabei helfen, den Weg auch bis zum Ziel zu gehen:
- Vision visualisieren und emotional aufladen
- Schriftliche Selbstverpflichtung
- Öffentlichkeit herstellen
- Routinen entwickeln und pflegen
- Hilfe und Unterstützung suchen
- Dankbarkeit entwickeln
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