Change Story – Wie man Geschichten erzählt

Das Happy End ist gelaufen, der Vorhang schließt sich, tosender Applaus auf den Rängen: „Standing Ovation“. Welch ein  packendes Theaterstück. Was Drehbuchautoren und Regisseuren gelingt, kann auch in der harten Realität einer Transformation sehr hilfreich sein. Eine gute, fesselnde Geschichte, professionell erzählt – die Change Story.

Change Story

Kommunikation soll begeistern

Kommunikation oder treffender schlechte Kommunikation ist einer der Hauptgründe für das Scheitern von Projekten. Bei der Kommunikation geht es zum einen darum, dass Informationen in einer brauchbaren Form zur Verfügung gestellt werden, damit der Empfänger diese verarbeiten kann. Beispielsweise ein Pflichtenheft in dem klar die Anforderungen an ein Projektergebnis beschrieben sind – oder ein persönliches Feedback zur Reflektion der eigenen Wirkung. Zum anderen geht es aber auch darum, Emotionen zu entfachen, Menschen zu fesseln, zu motivieren, zu begeistern, ja die Hoffnung auf ein positives Ende zu entfachen und immer heller scheinen zu lassen bis am Ende in einer epischen Siegesfeier sich alle Begeisterung Bahn bricht. – Okay, vielleicht etwas dick aufgetragen, aber der Sinn ist klar, denke ich. Aber wie erzählt man eine solche Geschichte?

Story Board

Gute Geschichten fangen leise und klein an. Einzelne, ganz normale Menschen stellen fest, dass etwas nicht stimmt, sind neugierig, wollen etwas verbessern oder entdecken. Mit der Zeit werden die Geschichten grösser und lauter, mehr Menschen kommen hinzu.  Widerstände und Herausforderungen werden deutlich. Die Helden gehen zunächst zögerlich, dann immer mutiger weiter und überwinden die Hindernisse. Es gibt Spannungshöhepunkte, die sich immer weiter aufbauen, dramatischer werden. Rückschläge müssen verkraftet werden, aber die Hoffnung bleibt, bis nach dem finalen „Show down“ das Happy End steht.

Jeder Film hat zunächst ein Story Board, auf dem die „Dramaturgie“ festgelegt ist. Also der grobe Rahmen gegeben wird, der dann in den einzelnen Akten und Szenen detailliert und ausgearbeitet wird. Nun ist das Leben kein Film, in dem alles kontrolliert, geprobt und hundertfach verbessert werden kann. Trotzdem finden sich in jedem Projektplan Ausgangslage, Zielsetzung und Meilensteine, also genau die Elemente, die auch in einem Story Board enthalten sind. Warum also nicht nutzen, dramaturgisch aufbereiten und emotional positiv aufladen? Veränderung funktioniert nur, wenn Menschen sich innerlich bewegen, das Hamsterrad verlassen und Neues ausprobieren.

Natürlich muss das Projekt „funktionieren“, sonst ist die Geschichte auch eher ein „B-Movie“ als ein „Block-Buster“. Also müssen Projektplan und Dramaturgie zusammen passen. Geht nicht? Viel zu aufwendig? Nein. Veränderungen laufen bei Menschen immer nach ähnlichen Mustern ab. Jeder Mensch durchläuft die Kurve der Veränderung nach Frau Kübler-Ross. Schock, Verleugnung, rationale und emotionale Einsicht, Akzeptanz und Veränderung. Ebenso gibt es funktionierende „Blueprints“ für erfolgreiche Organisationsveränderungen. Beispielsweise das Changemanagement-Modell von Dr. John Kotter, welches 8 Phasen empfiehlt:

  1. Mach die Notwendigkeit und Dringlichkeit klar
  2. Forme ein starkes Führungsteam
  3. Entwickle eine strategische Vision und die notwendigen Handlungsstränge
  4. Werbe für die Vision und suche Freiwillige
  5. Beseitige Barrieren, überschreite den Rubikon
  6. Sorge für erste schnelle Erfolge und kommuniziere diese
  7. Setze weitere nachhaltige Veränderungen um und feiere sie
  8. Stabilisiere die erreichten Veränderungen als neuen Standard

Spätestens in Phase 3 sollte das Story Board stehen.

Inhalte

Eine gute Change Story beinhaltet mindestens die folgenden 4 Bereiche:

  • Warum ist die Veränderung nötig, was stimmt nicht und warum jetzt?
    Am Anfang einer Veränderung steht immer die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation. Ohne diese Unzufriedenheit wird eine Veränderung schwierig. Je konkreter, greifbarer, persönlicher der Grund ist, desto eher entsteht die Motivation zum Handeln. Abstrakte Bedrohungslagen wie Wettbewerber am Markt oder sinkende Erträge sind da nur bedingt hilfreich.
  • Wohin geht die Reise? Wie sieht die Vision, das Zielbild aus? Dabei ist es ebenfalls wichtig, das Ziel emotional positiv auszuschmücken. „Blühende Landschaften“. Durch Wiederholung und die Verbindung mit der eigenen Zukunft wird das Bild in den Köpfen lebendig, begehrenswert.
  • Im Laufe der Erzählung, spätestens wenn die ersten in die Zukunft aufbrechen wollen, ist es nötig, verschiedene Handlungsstränge zu erzählen. Verschiedene Aufgaben, die einzeln erledigt doch zum Großen und Ganzen beitragen. Hier ist es nicht entscheidend, bereits alle Lösungen zu präsentieren, entscheidend ist, den Eindruck zu vermitteln, dass das Führungsteam den genauen Weg kennt. Hier wird die Basis für Vertrauen und Zuversicht gelegt. Dies ist unerlässlich, um den Weg bis zum Ende zu gehen.
  • „Last but not least“. Was ist eine Geschichte ohne die Helden? Bei den Rollen kommt es darauf an, diejenigen, die bereit sind zur Veränderung, auf eine Bühne zu heben. Sie sind die Beispiele, die Vorbilder. In guten Geschichten sind schließlich auch die ganz normalen Menschen die späteren Helden.

Die Change Story schreibt das Leben

Leider wirken Change Stories oft aufgesetzt. Sie werden zu Beginn mit Hilfe von Agenturen entwickelt und in einem Stück verkündet. Dabei fragt man sich des öfteren, für wen ist diese Geschichte eigentlich geschrieben? Die Adressaten sind die Menschen in der Firma. Die Betroffenen, die sich verändern müssen. Die Change Story ist ein Mittel, die Menschen zu Beteiligten zu machen. Stück für Stück inszeniert und den wahren Gegebenheiten immer wieder angepasst, schafft sie Bewegung. Change Stories schreibt das Leben. Der Rahmen steht mit dem Projektplan fest, aber die einzelnen Akte werden während des Tuns mit Leben gefüllt – Geschichte schreiben, während sie geschieht.

Wer erzählt die Change Story, wo und wann?

Aus den Ideen von oben wird deutlich, dass Newsletter und Kaminabende kein wichtiger Teil der Erzählung sein können. Viel besser, weil lebendiger ist es, die Geschichten direkt vor Ort zu erzählen, dann, wenn sie gerade passieren. Herausforderungen, Anstrengungen, Helden und Erfolge am Ort des Geschehens sind authentisch und begeistern. Also rein ins Unternehmen, Pin-Wände und Kommunikationsecken aufgebaut. Filme, Fotos, Muster zum Anfassen, lebendige Menschen, die erzählen, was sie tun und warum. Wandel erlebbar gemacht, begeistert und reisst mit.

Natürlich sind auch Grillfeste als Siegesfeiern bei erreichten Etappenzielen hilfreich. Wer Aufgaben bewältigt hat, muss auch gefeiert werden. Aber eben erst dann. Die Veränderung geschieht vorher.

Resümee

Kommunikation ist ein Schlüsselelement der erfolgreichen Veränderung. Dabei ist es hilfreich, die Geschichte der Veränderung zu erzählen, während sie geschieht. Hierdurch werden Menschen angesprochen, interessiert und begeistert. Wird Bewegung erzeugt, entsteht eine Welle der Veränderung.

Eine gute Dramaturgie, abgestimmt auf den Meilensteinplan des Projektes, ist dabei entscheidend. Als „Blueprint“ für das Story Board hat sich das Changemanagement-Modell nach Kotter bewährt. Hier sind alle Elemente enthalten, die es für erfolgreiche Veränderungen braucht.

Die besten Geschichten schreibt das Leben. Change Stories sollten nicht statisch sein. Sie können sich entwickeln, mit Leben gefüllt und vor Ort erzählt werden.

Das Leben das wir führen wollen,
das können wir selber wählen.
Also los, schreiben wir Geschichten,
die wir später gern erzählen.

Julia Engelmann

Ausblick

Wer Näheres zu Veränderungsmodellen wie Kübler-Ross und Kotter sucht, der kann hier weiter lesen.

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