5 Barrieren behindern die Optimierung

„Das gibt es doch nicht! Warum sperren die sich denn so gegen die Verbesserung? Die müssen doch sehen, wie sinnvoll diese Veränderung ist und wie leicht wir das machen könnten.“ – 5 Barrieren verhindern das Handeln.

5 Barrieren erzeugen Widerstand

In Veränderungsprozessen kommt es immer wieder zu passiven und aktiven Widerständen, an denen gute Ideen scheitern. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass bei industriellen Organisationsprojekten unterschiedliche Formen des Widerstandes auftreten. Dabei nimmt die Intensität und Häufigkeit über die Hierarchieebenen hinweg zu.

Bei genauerer Betrachtung sind die Ursachen für diese Widerstände in fünf gedanklichen Barrieren zu finden:

Barriere 1 – Wissen

Die erste Hürde besteht in fehlenden bzw. gedanklich nicht verarbeiteten Informationen. Der betreffende Mitarbeiter weiß schlichtweg nicht, dass sein Handeln erforderlich ist. In der heutigen Flut an Informationen kommt es häufiger vor, dass wir Informationen übersehen. Entweder lesen wir die E-Mail nicht, beziehen den Inhalt nicht direkt auf die Situation oder bewerten die Priorität anders. Gerne werden auch Personen in Protokollen genannt, die nicht anwesend waren und somit auch nicht im Protokollverteiler stehen.

Der Schlüssel ist hier eine klare und vollständige Kommunikation nach dem „Sender-Empfänger-Prinzip“.

Barriere 2 – System

Der Mitarbeiter hat die Information erhalten und auch verstanden, kann sie aber nicht erfüllen. Die notwendigen Hilfsmittel stehen nicht zur Verfügung oder es wurden widersprechende Ziele vorgegeben. So soll beispielsweise das Maschinenlayout in einer Halle verändert werden. Die vereinbarten Ziele, an die ggf. sogar eine Prämie geknüpft ist, sehen eine Liefertreue von 100% und eine Produktivität von x% vor. Räume ich also die Maschinen um, verfehle ich entweder die Liefertreue, die Produktivität oder sogar beides.

Ein weiterer Klassiker ist hier die fehlende Zeit, um sich mit der Materie zu beschäftigen. Veränderungen sollen in der Regel neben dem normalen Tagesgeschäft durchgeführt werden, ohne dabei zu bedenken, dass die Mitarbeiter bereits zu 100% mit ihrem Job ausgefüllt sind.

Systembarrieren führen wegen der Überlastung auf Dauer zur Resignation der betroffenen Personen. Daher müssen im Vorfeld die Rahmenbedingungen klar gesetzt sein.

Barriere 3- Fähigkeiten

Fehlende Fähigkeiten und Fertigkeiten führen zu Leistungsmängeln in der Ausführung von Aufgaben.  Ich muss bei Veränderungen genau abschätzen, wer die anstehenden Aufgabe überhaupt ausführen kann. Veränderungen sind immer Ausnahmesituationen. Es ist also schwierig, von der Leistung bei Routineaufgaben auf die Fähigkeiten außerhalb der Routine zu schließen.

Ein weiterer Aspekt ist in der Förderung der Mitarbeiter zu sehen: Veränderungen sind gute Chancen, um Potenziale zu entfalten. In der Praxis habe ich öfter erlebt, dass Mitarbeiter, die in der Routine nicht großartig auffielen, in Projekten über sich hinaus gewachsen sind und einen super Job abgeliefert haben. Nicht immer ist es hilfreich, die gleiche Person für ähnliche Aufgaben einzusetzen.

Wir sollten daher genau überlegen, wer mit welcher Aufgabe betraut wird und ggf. welche Unterstützung benötigt. Dies braucht Zeit und durchaus die Expertise von mehreren Personen.

Barriere 4 – Gesellschaftliche Normen

„Das machen wir hier so aber nicht“. Gesellschaftliches Zusammenleben basiert auf festgelegten oder implizit gelebten Normen und Regeln. Das Überleben einer Gruppe als solche hängt davon ab, wie gut sich deren Mitglieder an dieses Verhalten anpassen können. Zuwiderhandlungen einzelner führen zu Konflikten mit der Gruppe und letztendlich zum Ausschluss.

Eine wenig ausgeprägte Streitkultur führt dazu, dass wir unterschiedliche Standpunkte nur unzureichend ausdiskutieren, um den anderen nicht zu verletzen oder selber nicht ins Abseits zu geraten. Hier liegt jedoch der Schlüssel zum Erfolg. Der Respekt vor anderen Menschen und deren Meinungen muss dazu führen, genau die Ansichten und Bedenken angstfrei offen legen zu dürfen, um einen gemeinsamen Weg zu finden. Hochleistungsteams entwickeln genau diese Eigenschaft als Erfolgsfaktor.

Barriere 5 – Wille

Hier wird die Zielerreichung bewusst durch anderweitig ausgerichtete Motivation sabotiert. Die Folge der Willensbarriere ist Verweigerung oder aktiver Widerstand. Dabei kann sich der Widerstand gegen die Veränderung richten oder gegen die Art der Durchführung, also gegen das Projektmanagement.

Ein Erklärungsansatz für den Widerstand gegen das Projektmanagement wurde bereits 1971 erstmals erwähnt. Eine solche Situation wird als „Konzeptions-Konkurrenz“ bezeichnet. Die für den Bereich verantwortlichen Manager befürchten, bei der Veränderung durch ein Projekt ihren Einfluss auf ihren Bereich und die Veränderung zu verlieren. Das Projektteam hingegen will die Veränderung auf jeden Fall umsetzen, ohne dabei auf bestehende Machtverhältnisse und bisherige Problemlösungen eingehen zu müssen.

Die Motivation für den Widerstand gegen die Veränderung ist vielschichtiger. Hier überwiegen Ängste und Befürchtungen. Angst vor Arbeitsplatzverlust, Verdiensteinbußen, unpassenden Arbeitsbedingungen oder Differenzen zwischen Selbstbild und zukünftiger Jobanforderung sind hier typische Motivatoren.

Selten, aber nicht unüblich sind  gekränkte Eitelkeiten. Hier haben die betroffenen Mitarbeiter viel Herzblut investiert, um ihren Bereich voran zu bringen und müssen nun feststellen, dass diese  Anstrengungen „missachtet“ und einfach weggewischt werden.

Das Auflösen dieser Barriere ist auf Grund der Vielschichtigkeit und der individuellen psychologischen Aspekte schwierig. Respektvolle, wertschätzende aber klare Kommunikation und mitfühlende Begleitung ist hier notwendig.

Kurve der Veränderung

Veränderungen sind Ausnahmesituationen für jeden von uns. Es gibt verschiedene Modelle, wie am besten mit Menschen in Veränderungsprozessen umgegangen werden sollte. Grundsätzlich ist es jedoch erst einmal wichtig zu verstehen, was Menschen in solchen Situationen gedanklich und emotional durchmachen. Wirklich nachfühlen kann man dies m.E. nach nur, wenn man selber einmal bewusst eine tiefgreifende Veränderung durchlebt hat.

Hilfreich bei der Begleitung von Menschen in Veränderungen sind die Forschungsergebnisse von Frau Kübler-Ross. Sie hat herausgefunden, dass Menschen bei extremen Veränderungen immer die gleichen Phasen durchlaufen.

  1. Schock
    Nach dem Erhalt der Nachricht tritt zunächst ein Schock ein. Der Moment der „weichen Knie“. Die betroffene Person wird aus ihrer gewohnten Routine gerissen. Alles bisher sicher Geglaubtes wird plötzlich in Frage gestellt. Das Resultat ist Unsicherheit bis hin zu Angst.
  2. Verleugnung
    Im nächsten Schritt wird die Situation verleugnet. „Die müssen sich irren, wie kommen die denn auf die Idee?“; „Ach, das machen die sowieso nicht, das geht ja gar nicht“. In dieser Phase überzeugen sich die betroffenen Personen selber davon, dass es keine Veränderungen geben wird. Selbst wenn bereits eindeutige Anzeichen vorliegen, werden diese aus dem Bewusstsein ausgeblendet.
  3. Rationale und emotionale Einsicht
    Im weiteren Verlauf der Veränderung beginnt die rationale Einsicht. Der Verstand fängt an, die Veränderungen zu sehen und beschäftigt sich mit den entsprechenden Auswirkungen auf die persönliche Situation. Nach einer Weile erreicht die Erkenntnis die Gefühlsebene. Trauer tritt ein. Kübler Ross nennt dies auch „das Tal der Tränen“. Erst wenn diese emotionale Einsicht erreicht ist, fängt die Verarbeitung der Veränderung an.
  4. Akzeptanz und Blick nach vorne
    Erst beim Verlassen der Trauerphase hat der betroffene Mensch die Veränderung akzeptiert und seinen Frieden mit dem Unausweichlichen gemacht. Erst jetzt ist der Blick nach vorne möglich und der Geist frei, die Chancen in der Veränderung zu sehen und sich auf Neues einzulassen.

Aus eigenen Erfahrungen kann ich allerdings nur davor warnen, betroffenen Personen zusätzlich zu ihren emotionalen Belastungen noch das Modell von Frau Kübler-Ross erklären zu wollen. Tatsächlich habe ich es erlebt, dass ein hochrangiger Manager in einer sehr belastenden Situation gesagt hat: „Tja, dann sind Sie noch nicht durch das Tal der Tränen durch.“ Dies stösst bei dem Betroffenen auf Unverständnis und Ablehnung.

Was Menschen brauchen ist jemand, der respektvoll und wertschätzend zuhört und mitfühlt, in der Sache aber klar und eindeutig bleibt. Weichmacher hinsichtlich der Veränderung sind zwar häufig gut gemeint, erzeugen jedoch unbegründete Hoffnung auf ein Ausbleiben der Veränderung. Dadurch verlängern wir den Verarbeitungsprozess nur unnötig. Erst wenn die Person bereit ist, die Veränderung zu akzeptieren, können Perspektiven erarbeitet und Lösungswege beschritten werden. Hier sind dann auch Ratschläge und Hinweise hilfreich und sinnvoll.

Auch für die Begleiter in Veränderungsprozessen hat es sich aus meiner Erfahrung heraus bewährt, sich in Supervisionen begleiten zu lassen. Psychologischer Humbug für Weicheier? Ganz bestimmt nicht! Professionalität zeichnet sich dadurch aus, dass man auf sich aufpasst und gleichzeitig immer weiter dazu lernt.

Resümee

Veränderungen erzeugen Widerstände, die eine Optimierung bestehender Situationen verlangsamen oder gar verhindern können. Die Widerstände lassen sich auf 5 Barrieren zurückführen, die es zu beseitigen gilt.

Menschen, die Veränderungen ausgesetzt sind, durchlaufen mehr oder weniger stark ausgeprägt immer die gleichen 4 Phasen: Schock, Verleugnung, Einsicht und Akzeptanz. Dabei ist es hilfreich, die betroffenen Personen respektvoll und wertschätzend zu begleiten.

Auch die Begleiter von Veränderungsprozessen sollten das Erlebte in Supervisionen reflektieren, um die eigenen Emotionen zu verarbeiten und das eigene Handeln zu verbessern.

Ausblick

Der interne Veränderungsprozess ist individuell und kann weder inhaltlich noch zeitlich auf alle betroffenen Menschen einer Veränderung verallgemeinert werden. Wie dies, inklusive der Umgang mit den 5 Barrieren in einer Projektplanung berücksichtigt werden kann, beschreibe ich bald hier.

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